Überall schallt es uns entgegen, es ist in aller Munde. HOW DARE YOU, zu Deutsch und im täglichen Sprachgebrauch: Wie kann man nur?
Ja „wie kann man denn nur?“
Da gibt es die Dauerempörten und Dauerbetroffenen. Jede Aussage, jede Handlungsweise, jedes Vorgehen (das schnell zum „VERgehen“mutiert) wird hier beäugt und in Sekundenschnelle mit einem empört-betroffenen: Wie kann man nur? angeprangert. Nicht, dass man darauf eine Antwort erwartete, allein die Anklage aus selbstempfundenen Rechtsgefühl reicht, um sich Luft zu machen.
Aber „wie kann man denn nur“ denn wirklich?
Schaut man einmal von der astrologischen Seite, der psychologischen oder der Typenlehre, so wird doch ganz schnell klar, wir ticken alle irgendwie anders. Die Frage, die sich hier stellt, ist, KÖNNEN wir denn auch anders?
Menschen werden groß in verschiedensten Kulturen, Umfeldern und mit einer ganz eigenen Signatur. So besteht die Menschheitsfamilie aus vielen Milliarden Puzzleteilchen, die aber nur alle zusammen das eine große Bild ergeben. Ist es nicht schon von daher gegeben, das jedes Teilchen nur einen, nämlich seinen Platz einnehmen kann? Nimmt es den nicht ein und/oder probiert sich hier an eine andere Stelle zu setzten, bleibt der ursprünglich vorgesehene und gewählte Platz leer, es gibt Gerangel um einen „besseren“ Platz. Das Chaos ist perfekt.
Aber wie kann man denn jetzt?
Prägungen und Systeme und Kulturen bestimmen unser Verhalten, nicht umsonst haben wir uns genau dieses Umfeld ausgesucht. Wachsen wir in einer armen Familie auf, wo täglicher Überlebenskampf die Lebensmelodie prägte, dann empören wir uns schnell über Verschwendungssucht der Reichen Wie kann man nur ein Shirt für 300,– Euro kaufen und es dann zum Schuheputzen verwenden! In einer streng katholischen Familie großgeworden wird man anders auf vorehelichen Verkehr und Verrohung der Sitten achten, als jemand, der in einer ganz freigeistigen Familie aufgewachsen ist. Schon alleine mit solchen Prägungen verhaftet, fehlt oftmals das Verständnis für andere Lebensmodelle. Ebenso können wir die unterschiedlichen Typen in der Astrologie erkennen, den unberechenbaren Wassermann, den eher mimosenhafteren Krebs, den gernegroßen Löwen, die Plaudertasche Zwilling etc. Pauschalierung? Nein, nicht unbedingt, halt jeder, wie er kann. Die luftigen Zeichen sind eher schnell im Denken und machen Richtungswechsel federleicht mit, die Erdzeichen brauchen ihre Zeit, bis sie sich mal in Bewegung setzen, sind aber dann kaum zu stoppen, usw. So ist jeder in seinem Repräsentationsmodell mehr oder minder „gefangen“ und kann schwerlich Signaturen, Prägungen und Anerzogenes verleugnen.
Diese HOW DARE YOU Mentalität hat sich mittlerweile so verbreitet, dass sich kaum noch jemand traut, etwas zu äußern. Garantiert wird es jemanden geben, der sich darüber empört. Aber, leider immer nur aus dem eigenen, begrenzten Blickwinkel. Denn das Spannende ist, dass zwar die Frage: Wie kann man nur…? gestellt wird, aber diese nicht wirklich nach einer Antwort sucht. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Den Respekt, die Zeit und Offenheit zu haben, sich auch mit der dazugehörigen Antwort zu beschäftigen. Sollte dafür der Mut und die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Andersartigen fehlen, so bleibt die Frage: Wie kann man nur…? schlicht eine Keule, die andersdenkenden Menschen übergeschwungen wird. Ein vernichtendes Urteil mit der eigenen Selbstgerechtigkeit, zu wissen, was gut und richtig ist. Aber richtig für wen?
Da hat ein Discounter Fleisch günstig angeboten. Große Nachfrage, geizige Kunden und diese, die es sich wirklich nicht leisten können. So weit so gut. Dann fand doch einer raus, dass das Fleisch aus Brasilien stammte, dort wo die Regenwälder gerodet werden. Wie kann man nur?! Gefangen zwischen Baum und Borke hat der Discounter nun keine „Überlebenschance“. Geht er mit dem Preis rauf, weil er nun woanders sein Fleisch bezieht, schreien die nächsten: Wie kann man nur!? Wird denn hier gar nicht an die ärmere Bevölkerungsschicht gedacht. Bleibt er weiterhin günstig, weil er sein Fleisch aus Massentierhaltung bezieht, schreien schon die Nächsten wieder: Wie kann man nur!? Aus Sicht der Vegetarier ist es sowieso ein großen: Wie kann man nur…!?
Ja wie kann man es denn allen recht machen?
Ich mache mir die Welt, grad wie sie mir gefällt?
Da darf nicht demonstriert werden für die Grundrechte, HOW DARE YOU, man darf aber auch nicht zu Hause bleiben, wenn für ein schwarzes US-amerikanisches Todesopfer in Deutschland demonstriert wird. Rassismus, Diskriminierung, rechte Hetze, Verschwörungstheoretiker. Da soll ich umweltbewusst einkaufen, aber den Bauer erreiche ich zu Fuß leider nicht. Benutze keine Wattestäbchen mehr mit Plastikteil in der Mitte, aber habe einen Riesenhaufen Einwegmasken zu entsorgen und die leeren Plastikflaschen des Desinfektionsmittels. Wähle ich Soja statt Fleisch, unterstütze ich die Genmanupulatoren…
HILFE!
Aber die Frage aller Fragen bleibt für mich:
HOW DARE YOU über andere Menschen zu urteilen? Zu wissen, was gut und richtig ist? Zu reglementieren, maßregeln und anfeinden was nicht ins Weltbild passt? Menschen und Lebensarten zu verunglimpfen nur aus eigenem Unverständnis?
Mein einziger Trost ist, dass noch keine Frage in diesem Universum unbeantwortet geblieben ist.
Wer sich oft genug die Frage stellt: Wie kann man nur? wird sich möglicherweise schneller als er sichs versieht, in einer Situation finden, in der er genau die Antwort darauf erhält, und dann vielleicht (sofern Reflexionsmasse vorhanden ist) recht schmerzhaft erkennen: Aah, deswegen… und dann hoffentlich im stillen Kämmerlein Reue zeigen und die nächsten gebackenen Brötchen ein wenig kleiner ausfallen lassen.
1 Comment
„Just like that.….”, da kann ich nur schmunzeln, deine Worte sind so, als wenn man in seiner eigenen Tür steht und rausschaut und die anderen Eingänge sieht. „Man welch ein Dreck vor den anderen Türen.” Dabei steht man vielleicht auf seinem eigenen Dreckhaufen und sieht ihn nicht. Wer den Blick auf sich richtet und nicht auf andere, der wird erkennen, oh, man, ich muss mal bei mir sauber machen. Wenn jeder vor seiner eigenen Tür kehrt, dann wäre die Welt sauber, „Just like that.…”.
Also den Besen in die Hand und vor der eigenen Türe kehren. Danke für die Inspiration Astrid.
LG Mathias